Zurück aus Südkorea
Der Workshop
Vom 04.10.2008 bis 11.10.2008 war ich in Seoul, Südkorea. Ich bin von der DPG gefragt worden, ob ich als Delegationsmitglied der DPG an einem vom AKC (Arbeitskreis Chancengleicheit) der DPG organisierten Deutsch-Koreanischen Workshop für NachwuchswissenschaftlerInnen in Seoul teilnehmen möchte. Dieser Workshop fand statt vom 06.10.08 bis 07.10.08. Anschließend haben die TeilnehmerInnen des Workshops gemeinsam an der IUPAP International Conference on Woman in Physics 2008 in Seoul teilgenommen. Der Workshop war ein vom BMBF im Zuge der Deutsch-Koreanischen-Zusammenarbeit gefördertes Projekt.
Anfänglich war vom AKC ein Workshop ausschließlich für deutsche und koreanische weibliche Nachwuchswissenschaftler geplant. Dies wurde jedoch geändert und explizit auch männliche Nachwuchswissenschaftler aufgefordert sich um die Teilnahme zu bewerben. Trotzdem war der Großteil der Teilnehmer weiblich.
Der Workshop bestand aus einer zwei-tägigen Zusammenkunft junger deutscher und koreanischer Wissenschaftler aus allen Teilgebieten der Physik. Jeder Teilnehmer hielt einen 30-minütigen Vortrag über sein aktuelles Arbeitsthema, anschließend konnte diskutiert werden. Intension der deutschen Organisatoren war es, einen lebhaften Dialog zwischen den Teilnehmern des Workshops anzustoßen (die Vorträge waren als “Dialog-Einstiegshilfe” gedacht). Leider konnte dieses Vorhaben nicht umgesetzt werden, da auf der koreanischen Seite offensichtlich ein Missverständnis oder einfach Desinteresse an dieser Idee vorherrschte: die meisten koreanischen Teilnehmer waren ausschließlich zu ihrem Vortrag beim Workshop anwesend und Gespräche beschränkten sich, wenn überhaupt, auf die 10 minütige Kaffeepause nach den jeweiligen Vorträgen. Außerdem hat, im Gegensatz zur deutschen Planung, keiner der koreanischen Teilnehmer an der nach dem Workshop stattfindenden ICWIP 08 teilgenommen. Am letzten Tag und mit gezieltem Nachfragen bei einer der koreanischen Teilnehmerinnen, stellte sich heraus, dass sie nichts von diesen Ideen wussten und auch nur für ihren Vortrag vom jeweiligen Institut freigestellt worden war. Auch über die ICWIP 08 wusste sie nichts. Außerdem stellte sich heraus, dass im Vorfeld von dem koreanischen Organisator so gut wie keine Werbung für diesen Workshop gemacht wurde (obwohl uns bei der Ankunft ein mindestens 6 mal 1 Meter großes Banner mit Hinweis auf diesen Workshop vor dem Vortragsgebäude entgegenflatterte). Fazit also: Die Hauptidee dieses Workshops ist bei den koreanischen Organisatoren offensichtlich nicht angekommen, sodass leider keine tieferen Dialoge entstehen konnten. Außerdem ist die Änderung des Workshoptitels anscheinend nicht ausreichend kommuniziert wurden, denn alle koreanischen Teilnehmer waren weiblich. Von einigen dieser wurden die männlichen deutschen Teilnehmer sogar überrascht darauf angesprochen. Nichts desto trotz war es interessant zu sehen, auf welchen Gebieten junge koreanische Physikerinnen arbeiten. Hierbei war zu erkennen, dass überproportional viele Vorträge aus dem Gebiet der Festkörper oder angewandten Physik stammten. Im Gegensatz zu den deutschen Teilnehmer war jedoch auch ein rein theoretischer Vortrag dabei (Astrophysik, Modellierung der Topologie des Universums anhand der kosmischen Hintergundstrahlung).
Seoul
Man stelle sich den NewYorker Times Square vor: nun…Seoul ist in weiten Teilen ein riesiger Times Square: alles war größer und bunter als das bisher Gesehene. Es gibt Straßen, da wird man von Leuchtreklame so überhäuft, dass man eigenlich nur noch “bunt sieht” und es marketingstrategisch keinen Sinn haben dürfte an diesen Stellen überhaupt noch Werbung anzubringen, sei sie noch so schrill und hell. Das ist die eine Seite von Seoul, die westlich-orientierte Seite. Die andere Seite, sind die vielen heruntergekommenen “Hüttchen”, direkt zwischen zwei Hochhäusern, sind die traditionelles koreanisches Fastfood verkaufenden Straßenstände, der Tausend Jahre alte Tempel mitten in der City oder die kleinen Händler, die ihr Gewerbe auf zwei Rädern abends über eine der Hauptverkehrsadern der Innenstadt schieben. Überhaupt scheint hier das Leben erst gegen 21.00 Uhr zu beginnen, denn dann sind die Einkaufsstraßen, auch unter der Woche, am überfülltesten. Viele kleine
Händler bauen ihr Gewerbe gar erst gegen 18.00 Uhr
auf.
“Technikverrückt” und “Traditionsbewusst” sind Adjektiv, die die Koreaner ganz gut beschreiben würden. Es ist nahzu unmöglich ein Auto ohne Navigationssystem incl. Entertainmentsystem zu finden. Auf den Gehwegen schauen viele Leute nicht nach vorn, sondern nach unten, auf ihr “Mobiltelefon”. Jedoch nicht um zu telefonieren, sondern um die neueste Folge einer der koreanischen “Soaps” nicht zu verpassen. Überhaupt könnte man meinen, man befände sich in “Samsung-City”, denn empirisch sind 80% aller Elektronikgeräte hier von eben diesem Konzern. Doch wenn man nun meint, dass all diese Dinge in riesigen Einkaufscentern a`la Karstadt vertrieben werden, täuscht man sich. Shoppingcenter bestehen eher aus vielen kleinen Ständen, an welchen man dann Kleider, Schmuck, Uhren, Elektronik käuflich erwerben kann. Kauft man außerhalb dieser Center ein, dann ist der Preisvergleich ziemlich einfach, denn in einer Straße findet man stets mehrere Geschäfte der selben Art: die “Motorradstraße”, die “Mützenstraße”, die “Hunde-und Katzenstraße” - kein Witz: Kleine Hunde und Katzen kann man hier in Läden kaufen und ehrlich gesagt ist es schwer an den so sehr dem Kindchen-Schema entsprechenden, manchmal noch ganz kleinen, Wesen vorbeizugehen ohne spontan das Gefühl zu verspüren, das eine odere andere Hunde- oder Katzenbaby mitnehmen zu wollen um ihm ein glückliches Leben zu bieten. Wir haben uns gefragt, was mit den Tieren geschieht, die nicht gekauft werden…
Eine der wohl erstaunlichsten Erfahrungen war folgendes: Als wir einen der alten Tempel Seouls besucht haben, kamen viele Schulkinder auf uns zugestürmt und sprachen uns ganz begeistert in recht gutem Englisch an. Einer der Jungen stellte fest, dass ich “tall” wäre und eines der Mädchen meinte ich wäre “hansom” :-) Außerdem wollten sie unbedingt Fotos mit uns machen. Am selben Tag sind Christoph und ich zusätzlich von einer Gruppe Mädchen angesprochen worden, ob wir an ihrem Schulprojekt “Survey for foreigners” teilnehmen würden: Sie haben uns gefragt, wo wir herkommen (sie stellten begeistert fest, dass eines der Mädchen schonmal in Deutschland war und “…she loves it.”), ob wir vorher schonmal in Südkorea waren und ob wir es mögen. Dann durften wir eine Frage ziehen: “Nennen Sie einen berühmten Koreaner!” - nun, leider ist uns Ban Ki-Moon erst später eingefallen, sodass wir eine neue Karte ziehen durften: “Nennen Sie ein koreanisches Gericht, das Ihnen schmeckt und das Ihnen nicht schmeckt” - darauf viel uns die Antwort leicht, denn wir kannten genau zwei Gerichte beim Namen: Bi Bim Bap und Kimchi :-) Wobei Bi Bim Bap nichts weiter heist als “gemixter Reis”, das koreanische Nationalgericht bestehend aus einer Schüssel mit verschiedenste Gemüsen und etwas Fleisch, welches man mit Reis und scharfer Pepperoni-Sauce mischt. Kimchi….nun Kimchi halt :-) fermentierter Chinakohl eingelegt in scharfer Pepperoni-Sauce. Das witzige an Kimchi ist: es gibt wohl ca. 200 verschiedene Arten davon, die Koreaner essen es früh, mittags und abends (kein Witz!-keine Mahlzeit ohne Kimchi) und (das beste) jeder Haushalt hat einen extra Kimchi-Kühlschrank, denn es wird genau zwischen 6°C und 10°C gelagert^^
All in all war es eine interessante Erfahrung - und es hat mir gezeigt, wie schnell man sich an seine kulturelle Umgebung gewöhnt. Nach dieser einen Woche habe ich mich wieder sehr auf Europa gefreut, denn die kulturellen Unterschiede sind wirklich riesig - es ist einfach so vieles so wahnsinnig anders. Und ich werde nie mehr über fotografierende Asiaten lachen, denn es ist einfach fast alles anders und deshalb fotografierenswert.